Ernst Schmid Elektronik München:
            Allgemeine Reparaturtips  für Revox - Geräte
   

 
Dies ist eine Detail Seite   "Das Elko - Thema "



 
Über Kondensatoren im Allgemeinen
Bei der Restaurierung einiger Revox A77 Capstan - Regler Platinen bin ich mit dem Reststrom-Problem der Elkos besonders konfrontiert worden.
Und - man lernt nie aus - habe ich mich mit dem Problem dann besonders beschäftigt und eigene Meßreihen durchgeführt.

Dazu habe ich einen ein automatischen Meßaufbau mit Schreiber und Pi Pa Po  geplant und fertiggestellt,


Teilansicht  vom Meßaufbau
Elko Testplatte

Letztlch scheiterte es an ausgetrockneten Plotter-Pens .
Das kann doch kein Problem sein, die Pens gibt es doch noch bei Bruel und Kjaer.
Ja schon, aber 20 Euro  /1   mind Abnahme 6 Stk + Versand 18 Euro + 19% MwSt  ...  gesamt   164,20 € für paar Buntstifte  ???  Da bleibt der Schreiber halt aus.

Es wurde trotzdem eine interessante Geschichte.
Resumee: Die neuen Elkos sind alle zwar in der Hersteller-Toleranz, aber für manche Anwendung nicht dicht genug.

Da waren bei manchen 40 Jahre alten TA Elkos geringere Restströme zu messen als bei neuen Elkos.
Ich habe auch die ESR Werte der alten Elkos gemessen und mit denen neuer Elkos verglichen:
Geringe Unterschiede sind zu erkennen, aber nichts, was die Elkos unbrauchbar machen würde.
Die ESR Werte spielen hier eine untergeordnete Rolle, denn es ist im NF Gebiet kein hoher Ripplestrom, anders als bei Netzteil-Ladeelkos .
Hier auch speziell bei geschalteten Reglern, die höhere Frequenzen erzeugen.

Die Vorgeschichte der Elkos
Elkos aus aktueller Lieferung haben eine Zeit der "spannungslosen" Lagerung hinter sich.
In der Zeit kann die Formierung etwas leiden. Das ist bekannt und kann leicht behoben werden, indem die Elkos  vor dem Einbauen "nachformiert" werden.

Meine  Tipps sind:
Vor dem Einbauen an kritischen Stellen (Koppelkondensatoren) und Filter-Kondersatoren in hochohmigen Kreisen

1. Keine Elkos mit höherem Spannungswert verwenden in der irrigen Meinung, die müssen dann  ja "besser" sein.
      Sind sie eben genau nicht, wie eine Reihenmessung zeigt, und diese ist konform mit den Angaben der Hersteller. Höhere Spannung = hoherer Reststrom.

2. unbedingt  - die Elkos, die an kritischen Stellen als Ersatz eingebaut werden sollen erst nachformieren z.B. 24 Stunden

3. dann den Leckstrom messen, ansonsten baut man Elkos ein, die an dem Platz nicht optimal sind.

Der Leckstrom ist ein Maß für die Funktion der Oxidschicht, die beim Formieren aufgebaut wurde, und durch spannungslose Lagerung gelitten hat.
Das ist relativ einfach durchzuführen - siehe am Ende der Seite .

Tabelle  der Meßwerte in mV an 100k  der Elkoreihe 10uF  im Bild oben   nach einer Stunde  und 48 Stunden an 9V 
(Meßmethode ganz unten dargestellt.)
Meßspannung = 9V über den Elkos



Interessant ist die Beobachtung, daß die beiden TA 35V nach 48h leicht höhere Leckströme zeigen.
Die FC Elkos werden max. um den Faktor 3..  4 besser, der "no name" Alu- Elko kommt schon an die TA heran. Erstaunlich.

Hier die Ergebnistabelle einer weiteren Meßreihe an 4,7µF Elkos und Tantals  (FC = Panasonic 50V, n.N = no name AL ,  TA 4,7u / 35V)
Meßspannung = 9V über den Elkos




Und hier noch der  Vergleich von 16V und 35V  4,7uF TA Perlen 
Meßspannung = 9V über den Elkos



Die 16V TA sind also nach 1 h  bereits auf ihrem vollen Isolationswiderstand.
Die hier gemessenen 35V TA  sind  50% auch sehr dicht, bis auf einen, der extrem herausragt und einem so lala.

Der Vergleich der Panasonic FC mit den TA  zeigt, daß die FC bis auf ein Exemplar 12.. 18 mal höher Leckströme aufweisen.
Die Streubreite ist auch bemerkenswert.
Besonders dicht ist nach 3 h  der Noname Elko, der schon an die Tantals herankommt.

Es führt also, wenn man sowohl AL-Elkos als auch Tantal als Koppelkondensatoren in kritischen Stufen einsetzt -
kein Weg am Nachformieren und anschließendem Ausmessen der Elkos vorbei.



Nachtrag  22.7.2019
Tabelle einer Vergleichsmessung von je 10 Stck  10uF  63V  AL Elkos und 10uF 100V Typen:  Meßspannung 9V



Der Streubereich der zufällig gemessenen Elkos 
- Type  10u      63V nach einer Stunde  mit 9V   beträgt der Reststrom 1,3 ...  8,1 mV  - ein  Ausreißer   mit  15,5mV
- Type  10uF 100V  nach einer Stunde  mit 9V   beträgt   der Reststrom 7,2...  12,5 mV - also schon im Mittel deutlich höhere Reststromwerte.
Was meine Empfehlung oben untermauert:.



Ergänzung zu den Elko Meßwerten - gemessen an ausgetauschten Elkos aus Revox Geräten
Alle Elkos haben  in der Regel  Plus-Toleranzen  von 30 ...  100%
D.h.  auch die sehr speziellen "Revox Elkos"  125uF  und der 1600 uF können problemlos durch 220 uF und 2200 uF ersetzt werden.




Kurzer Exkurs:
Was sind die charakteristischen Werte für Elkos?
1. Kapazität - klar
2. Reststrom nach der Formierung - Bei Koppelkondensatoren wichtig,
3. ESR - der reale (ohmische) Anteil der Kondensatorimpedanz - hier entsteht Wärme bei Ripplestrom-Last
4. Tan D  der Verlustfaktor - Ein idealer Kondensator hätte keine Verluste, da reine imaginär-Impedanz.
    Aber - wie oft - nichts ist ideal, somit auch der reale Kondensator mit Verlusten behaftet.
    Die Zusammenfassung der Verluste wird als Abweichung vom rein Imaginär-Anteil 90 grad als "Winkelfehler" dargestellt.
5. Resonanzfrequenz - für Abblockkondensatoren in Digitalschaltungen wichtig und bei HF Anwendungen

Für Audioanwendungen sind die Parameter 1 und 2 wichtig.

zu 1. Kapazität

Vor 50 Jahren war die Herstellung von Elektrolyt-Kondensatoren keine Präzisionssache.
Die Toleranzen waren  + 100 / - 20% . Das kann man heute noch an alten Elkos messen. Hatte gerade einen "250uF" der mit 440uF gemessen wurde.

Neuere Produkte sind da schon bedeutend genauer, +/- 10% im Mittel.
Kann mich noch errinnern, daß wir bei Studer ein Prüfgerät für das Selektieren der 250uF Elkos (C501) in der A50 Endstufe bauten,
damit die untere Grenzfrequenz der Endstufen eingehalten wurde. Jeder Verstärker wurde genau  auf Datenhaltung ausgemessen !

Zu 2. Reststrom
In Standard Schaltungen mit Strömen im mA Bereich fallen die µA-Restströme nicht auf.

Anders bei Koppelkondensatoren, hier können Verschiebungen der Arbeitspunkte der folgenden Schaltung
auftreten, wenn die Schaltung "hochohmig" aufgebaut wurde.
Es treten dann auch - durch den bei höherer Temperatur ansteigende Restströme - Verschiebungen der Arbeitspunkte auf.





Besonders störend treten Leckströme in Erscheinung, wenn wie hier im Bild C1 auf R15  100k wirkt
 und der Auskoppel-Elko z.B. C2 auf einen 100k Widerstand als Lade-Widerstand arbeitet.

--->  Jedes µA Leckstrom erzeugt eine Gleichspannung von 100mV !

Also, wenn es beim Umschalten knackt, hier die Auskoppel - oder Eingangselkos mit "wirklich dichten" gemessenen Exemplaren ersetzen.

Die sogenannten Reparatursätze müßten deshalb eigentlich selektierte Elkos für diese Einsatzorte beinhalten.

Noch eine Anmerkung:
Der Reststrom ist zudem mit der Temperatur ansteigend . Ich habe bei 40 grd  den etwa doppelten Reststromwert von 25 grd gemessen.

Wenn es also auf der Platine warm wird, ist mit höheren Werten für den Reststrom zu rechnen.

Unterschiede der Hersteller?
Konnte ich nicht feststellen, denn sowohl Noname als auch Panasonic FC haben eine Streubreite des Reststroms, 
auch hier habe ich Unterschiede 1:10 gemessen.

Vom Hersteller gesehen ist der Elko "gut" wenn der Reststrom 1%  des C*V Produktes (uF*V) unterschreitet.
Ein 10uF / 35V Elkos darf nach der Formel also 3,5uA Reststrom haben !
Elkos mit höherer Spannung haben also größere zulässige Restströme ! Sind also keine Lösung des Problems !

Tantals ersetzen durch AL-Elkos?
Generell sind Tantals dichter, weshalb sie auch nur an bestimmten Stellen verwendet wurden, damals waren sie sehr teuer.
Auch hier gilt : Vom Elko - Hersteller gesehen ist der Elko "gut" wenn der Reststrom 1%  des C*V Produktes  unterschreitet.
Ein 10uF 35V Tantal darf nach der Formel also 3,5uA Reststrom haben !
Und wieder: Tantal-Elkos  mit höherer Spannung haben also auch höhere zulässige Leckströme !
     Die sind zwar immer noch sehl viel geringer als bei durchschnittlichen AL-Elkos
     Dennoch  die Regel: Immer nur Elkos der "passenden" erforderlichen Spannungsfestigkeit  einbauen,
      nicht "viel hilft viel" oder "die 100V Elkos kosten auch nicht mehr "  .

Die Brandgefahr  von Ta-Elkos ist nur dort ein Thema, wo Energie verfügbar ist (als Block -C über Spannungsversorgungen) .
NICHT bei Koppelkondensatoren. Also, es spricht NICHTS gegen TA-Elkos als Koppelkondensatoren.

Und wegen Kondensatorklang ...  Millionen TA -Kondensatoren sind in den Mischpulten verbaut,
von denen aus die wunderbar klingenden Schallplatten gepreßt wurden. 

Was tun?

Wenn Platz ist, kann man MKT - oder andere Folienkondensatoren einbauen, aber keine Keramik X5R /  X7R und Y5V,
die leiden unter Kapazitätsschwankungen durch die Betriebsspannung und Mikrophonie.

Es gibt keinen Hersteller von AL- Elkos oder Tantals der  "Leckstrom - selektierte" Elkos anbietet.
Es führt also kein Weg um das Messen des Reststromes herum, will man wirklich sicher sein.

Die Lösung ist  also:
1. Nachformieren der Elkos vor dem Einbau und
2. die mit dem niedrigsten Leckstrom aussuchen . 
Keine Elkos mit höherer Spannung als nötig verwenden, denn der Leckstom steigt mit der Spannungsfestigkeit und der Temp !

Die Methode ist relativ einfach mit diesem Meßaufbau:
Einschalten und warten ... 24h ..... dann Messen.