Über
Kondensatoren im Allgemeinen
Bei der Restaurierung einiger Revox A77 Capstan - Regler Platinen
bin
ich mit dem Reststrom-Problem der Elkos besonders konfrontiert
worden.
Und - man lernt nie aus - habe ich mich mit dem Problem dann
besonders
beschäftigt und eigene Meßreihen durchgeführt.
Dazu habe ich einen ein automatischen Meßaufbau mit Schreiber und
Pi Pa
Po geplant und fertiggestellt,
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Teilansicht
vom
Meßaufbau
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Elko
Testplatte
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Letztlch scheiterte es an ausgetrockneten Plotter-Pens .
Das kann doch kein Problem sein, die Pens gibt es doch noch bei
Bruel
und Kjaer.
Ja schon, aber 20 Euro /1 mind Abnahme 6 Stk +
Versand 18 Euro + 19% MwSt ... gesamt
164,20 € für
paar Buntstifte ??? Da bleibt der Schreiber
halt
aus.
Es wurde trotzdem eine
interessante
Geschichte.
Resumee: Die neuen Elkos sind alle zwar in der
Hersteller-Toleranz,
aber für manche Anwendung nicht dicht genug.
Da waren bei manchen 40 Jahre
alten TA
Elkos geringere Restströme zu messen als bei neuen Elkos.
Ich habe auch die ESR Werte der alten Elkos gemessen und mit denen
neuer Elkos verglichen:
Geringe Unterschiede sind zu erkennen, aber nichts, was die Elkos
unbrauchbar machen würde.
Die ESR Werte spielen hier eine untergeordnete Rolle, denn es ist
im NF
Gebiet kein hoher
Ripplestrom, anders als bei Netzteil-Ladeelkos .
Hier auch speziell bei geschalteten Reglern, die höhere Frequenzen
erzeugen.
Die Vorgeschichte der Elkos
Elkos aus aktueller Lieferung haben eine Zeit der "spannungslosen"
Lagerung hinter sich.
In der Zeit kann die Formierung etwas leiden. Das ist bekannt und
kann
leicht behoben werden, indem die Elkos vor dem Einbauen
"nachformiert" werden.
Meine Tipps sind:
Vor dem Einbauen an kritischen Stellen (Koppelkondensatoren) und
Filter-Kondersatoren in hochohmigen Kreisen
1. Keine Elkos mit höherem
Spannungswert verwenden in der irrigen Meinung, die
müssen
dann ja "besser" sein.
Sind sie eben genau nicht, wie eine
Reihenmessung zeigt, und diese ist konform mit den Angaben der
Hersteller. Höhere Spannung = hoherer Reststrom.
2. unbedingt - die Elkos, die an kritischen Stellen als
Ersatz
eingebaut werden sollen erst nachformieren z.B. 24 Stunden
3. dann den Leckstrom messen, ansonsten baut man Elkos ein, die
an dem
Platz nicht optimal sind.
Der Leckstrom ist ein Maß für die Funktion der Oxidschicht, die
beim
Formieren aufgebaut wurde, und durch spannungslose Lagerung
gelitten hat.
Das ist relativ einfach durchzuführen - siehe
am Ende der Seite .
Tabelle der Meßwerte in mV
an
100k der Elkoreihe 10uF
im Bild oben nach einer Stunde und 48 Stunden an
9V
(Meßmethode ganz unten dargestellt.)
Meßspannung = 9V über den Elkos
Interessant ist die Beobachtung, daß die beiden TA 35V nach 48h
leicht
höhere Leckströme zeigen.
Die FC Elkos werden max. um den Faktor 3.. 4 besser, der "no
name" Alu- Elko kommt schon an die TA heran. Erstaunlich.
Hier die Ergebnistabelle einer
weiteren Meßreihe an 4,7µF Elkos und Tantals (FC =
Panasonic 50V,
n.N = no name AL , TA 4,7u / 35V)
Meßspannung = 9V über den Elkos
Und hier noch der Vergleich
von
16V und 35V 4,7uF TA Perlen
Meßspannung = 9V über den Elkos
Die 16V TA sind also nach 1
h
bereits auf ihrem vollen Isolationswiderstand.
Die hier gemessenen 35V TA sind 50% auch sehr dicht,
bis
auf einen, der extrem herausragt und einem so lala.
Der Vergleich der Panasonic FC mit den TA zeigt, daß die FC
bis
auf ein Exemplar 12.. 18 mal höher Leckströme aufweisen.
Die Streubreite ist auch bemerkenswert.
Besonders dicht ist nach 3 h der Noname Elko, der schon an
die
Tantals herankommt.
Es
führt also, wenn man sowohl AL-Elkos als auch Tantal als
Koppelkondensatoren in kritischen Stufen einsetzt -
kein Weg am Nachformieren und
anschließendem Ausmessen der Elkos vorbei.
Nachtrag 22.7.2019
Tabelle einer Vergleichsmessung von je 10 Stck
10uF
63V AL Elkos und 10uF 100V Typen: Meßspannung 9V
Der Streubereich der zufällig
gemessenen Elkos
- Type 10u 63V nach
einer
Stunde mit 9V beträgt der Reststrom 1,3 ... 8,1
mV - ein Ausreißer mit 15,5mV
- Type 10uF 100V nach einer Stunde mit 9V
beträgt der Reststrom 7,2... 12,5 mV - also
schon im
Mittel deutlich höhere Reststromwerte.
Was meine Empfehlung oben untermauert:.
Ergänzung zu den Elko Meßwerten -
gemessen an ausgetauschten Elkos aus Revox Geräten
Alle Elkos haben in der Regel Plus-Toleranzen
von 30
... 100%
D.h. auch die sehr speziellen "Revox Elkos"
125uF und
der 1600 uF können problemlos durch 220 uF und 2200 uF ersetzt
werden.
Kurzer Exkurs:
Was sind die charakteristischen Werte für Elkos?
1. Kapazität - klar
2. Reststrom nach der Formierung - Bei Koppelkondensatoren
wichtig,
3. ESR - der reale (ohmische) Anteil der Kondensatorimpedanz -
hier
entsteht Wärme bei Ripplestrom-Last
4. Tan D der Verlustfaktor - Ein idealer Kondensator hätte
keine
Verluste, da reine imaginär-Impedanz.
Aber - wie oft - nichts ist ideal, somit auch
der
reale Kondensator mit Verlusten behaftet.
Die Zusammenfassung der Verluste wird als
Abweichung
vom rein Imaginär-Anteil 90 grad als "Winkelfehler" dargestellt.
5. Resonanzfrequenz - für Abblockkondensatoren in
Digitalschaltungen
wichtig und bei HF Anwendungen
Für Audioanwendungen sind die
Parameter 1 und 2 wichtig.
zu 1. Kapazität
Vor 50 Jahren war die Herstellung von Elektrolyt-Kondensatoren
keine
Präzisionssache.
Die Toleranzen waren + 100 / - 20% . Das kann man heute noch
an
alten Elkos messen. Hatte gerade einen "250uF" der mit 440uF
gemessen wurde.
Neuere Produkte sind da schon bedeutend genauer, +/- 10% im
Mittel.
Kann mich noch errinnern, daß wir bei Studer ein Prüfgerät für das
Selektieren der 250uF Elkos (C501) in der A50 Endstufe bauten,
damit die untere Grenzfrequenz der Endstufen eingehalten wurde.
Jeder Verstärker wurde genau auf Datenhaltung ausgemessen !
Zu 2. Reststrom
In Standard Schaltungen mit Strömen im mA Bereich fallen die
µA-Restströme nicht auf.
Anders bei Koppelkondensatoren, hier können Verschiebungen der
Arbeitspunkte der folgenden Schaltung
auftreten, wenn die Schaltung "hochohmig" aufgebaut wurde.
Es treten dann auch - durch den bei höherer Temperatur ansteigende
Restströme - Verschiebungen der Arbeitspunkte auf.
Besonders störend treten Leckströme in Erscheinung, wenn wie hier
im
Bild C1 auf R15 100k wirkt
und der Auskoppel-Elko z.B. C2 auf einen 100k Widerstand als
Lade-Widerstand arbeitet.
---> Jedes µA Leckstrom erzeugt eine Gleichspannung von
100mV !
Also, wenn es beim Umschalten knackt, hier die Auskoppel - oder
Eingangselkos mit "wirklich dichten" gemessenen Exemplaren
ersetzen.
Die sogenannten Reparatursätze müßten
deshalb
eigentlich selektierte Elkos für diese Einsatzorte beinhalten.
Noch eine Anmerkung:
Der Reststrom ist zudem mit der Temperatur ansteigend . Ich habe
bei 40
grd den etwa doppelten Reststromwert von 25 grd gemessen.
Wenn es also auf der Platine warm wird, ist mit höheren Werten für
den
Reststrom zu rechnen.
Unterschiede der Hersteller?
Konnte ich nicht feststellen, denn sowohl Noname als auch
Panasonic FC
haben eine Streubreite des Reststroms,
auch hier habe ich Unterschiede 1:10 gemessen.
Vom Hersteller gesehen ist der Elko "gut" wenn der Reststrom
1%
des C*V Produktes (uF*V) unterschreitet.
Ein 10uF / 35V Elkos darf nach der Formel also 3,5uA Reststrom
haben !
Elkos mit höherer Spannung haben also größere zulässige Restströme
!
Sind also keine Lösung des Problems !
Tantals ersetzen durch AL-Elkos?
Generell sind Tantals dichter, weshalb sie auch nur an bestimmten
Stellen
verwendet wurden, damals waren sie sehr teuer.
Auch hier gilt : Vom Elko - Hersteller gesehen ist der Elko "gut"
wenn
der Reststrom 1% des C*V Produktes unterschreitet.
Ein 10uF 35V Tantal darf nach der Formel also 3,5uA Reststrom
haben !
Und wieder: Tantal-Elkos mit höherer Spannung haben also
auch
höhere zulässige Leckströme !
Die sind zwar immer noch sehl viel
geringer
als bei durchschnittlichen AL-Elkos
Dennoch die Regel: Immer nur Elkos
der
"passenden" erforderlichen Spannungsfestigkeit einbauen,
nicht "viel hilft viel" oder "die
100V
Elkos kosten auch nicht mehr " .
Die Brandgefahr von
Ta-Elkos
ist nur dort ein Thema, wo Energie verfügbar ist (als Block -C
über
Spannungsversorgungen) .
NICHT bei Koppelkondensatoren. Also, es spricht NICHTS gegen
TA-Elkos
als Koppelkondensatoren.
Und wegen Kondensatorklang
... Millionen TA -Kondensatoren sind in den Mischpulten
verbaut,
von denen aus die wunderbar klingenden Schallplatten gepreßt
wurden.
Was tun?
Wenn Platz ist, kann man MKT - oder andere
Folienkondensatoren
einbauen, aber keine Keramik X5R / X7R und Y5V,
die leiden unter Kapazitätsschwankungen durch die Betriebsspannung
und Mikrophonie.
Es gibt keinen Hersteller von AL- Elkos oder Tantals der
"Leckstrom -
selektierte" Elkos anbietet.
Es führt also kein Weg um das Messen des Reststromes herum, will
man
wirklich sicher sein.
Die Lösung ist also:
1. Nachformieren der Elkos vor dem Einbau und
2. die mit dem niedrigsten Leckstrom aussuchen .
Keine Elkos mit höherer Spannung als nötig verwenden, denn der
Leckstom
steigt mit der Spannungsfestigkeit und der Temp !
Die Methode ist relativ einfach mit diesem Meßaufbau:
Einschalten und warten ... 24h ..... dann Messen.